Publikationen (Auswahl)

 

Formatentwicklung von 11KM: der tagesschau-Podcast

Exklusive Recherchen, packende Geschichten, Tag für Tag. Der neue tagesschau-Podcast "11KM" ist gestartet. In jeder Folge taucht der Podcast in aller Tiefe in ein relevantes Thema - mit Journalist:innen aus der ganzen ARD.

“11KM” ist der neue Storytelling-Podcast der tagesschau, der in jeder Folge ein relevantes Thema in aller Tiefe erzählt. Der Name leitet sich von den rund elf Kilometern ab, die es hinab geht, zum tiefsten messbaren Punkt der Erde im Marianengraben, im westlichen Pazifischen Ozean. 

Das haben sich Journalist:innen von NDR und BR als Inspiration genommen und einen neuen tagesschau-Podcast entwickelt, der jeden Tag in die Tiefe gehen soll. Täglich liefert der Podcast den tagesschau Nutzer:innern eine aktuelle Recherche - erzählt von einer Host und Journalist:innen aus der gesamten ARD. Der Podcast soll als “Schaufenster der ARD” dienen und die Relevanz der Tagesschau mit dem Tiefgang eines Storytelling-Formats verbinden. Die Folgen dauern jeweils 20 bis 30 Minuten. Der tagesschau-Podcast 11KM wird montags bis freitags um 6.00 Uhr in den ersten sechs Wochen exklusiv in der ARD Audiothek veröffentlicht.

Seit März 2022 arbeitet NDR Info gemeinsam mit BR24 am Projekt "Daily" (AT). In einer gemeinsamen Projektleitung haben Jasmin Klofta (NDR), Mira-Sophie Potten und Nadia Armbrust (BR) die Formatentwicklung und Aufbau der neuen Redaktion vorangetrieben. 

Fast ein Jahr arbeitete Jasmin Klofta an der Entwicklung von 11KM - gemeinsam mit vielen Expert:innen. Hier eine Auswahl der Arbeitsfelder: Konzeption des Formats, Planung und Durchführen von Testwochen und anschließendem User-Testing mit der Medienforschung, Durchführen eines Host-Castings und Rekruting der Redaktion, Entwicklung von Name und Claim (11KM: der tagesschau-Podcast. Ein Thema. In aller Tiefe) durch eine Beteiligungsaktion und mit einer Texterin, Erarbeiten eines vom Namen abgeleiteten Gesamtdesigns für 11KM gemeinsam mit Motionsdesigner:innen des BR, Onboarding-Wochen für die Redaktionsleitung und für das neue Redaktionsteam, Remote-Roadshow durch die gesamte ARD und Koordination des Lauches





Der Cyberbunker

Es geht um Drogenhandel, Fälschungen, Hackerangriffe und Kinderpornografie. Tausende Straftaten im Internet wurden weltweit offenbar über Server in Traben-Trarbach in Rheinland-Pfalz begangen. Das geht aus umfangreichen Dokumentbeständen hervor, die der NDR und der "Spiegel" gemeinsam ausgewertet haben.

Erstmals äußert sich Bunkerchef Herman X. nach der Festnahme und bestreitet gegenüber NDR und "Spiegel", von illegalen Inhalten auf seinen Servern gewusst zu haben. "Unsere Server müssen sie mit Bankschließfächern vergleichen. Kein Bankmitarbeiter prüft nach, was sich in den Schließfächern befindet." Des Weiteren schreibt er: "Wir hatten ein reines Gewissen." Alle im Datenzentrum seien im Glauben gewesen, legal und korrekt gehandelt zu haben.

Etwa sechs Jahre lang soll Herman X. in dem Bunker zahlreiche illegale Webseiten gehostet haben. Angeblich sogar "bulletproof", also supersicher, wie seine Internetseite geworben hatte. Bulletproof bedeutet, dass Inhalte von Kunden vor äußeren Angriffen, auch zum Beispiel durch Strafverfolgung, geschützt werden. Neben den Servergeschäften soll Herman X. außerdem eine verschlüsselte Kommunikations-App entwickelt haben, mutmaßlich finanziert durch einen angeblichen irischen Drogenbaron, vertrieben offenbar an Größen der Organisierten Kriminalität. Der Moselort wurde zu einer Art Schaltzentrale im Darknet.

Das NDR Team: 

Autoren: Nino Seidel (Reporter und Recherche), Kira Gantner (Schnittregie) und Zita Zengerling (Recherche)
Redaktion: Jasmin Klofta und Britta von der Heide
Kamera: Kira Gantner, Andrzej Krol, Sven Wettengel
Grafik: Thorben Korpel
Schnitt: Willem Konrad, Claudia Qualmann

 



Der führende Oberstaatsanwalt Jörg Angerer erklärt, dass erstmals nicht gegen die eigentlichen Täter im Netz, zum Beispiel die Drogenhändler, vorgegangen werde, sondern gegen die Hoster, "also die, die diese Dienste hosten und die Taten der Haupttäter erst möglich machen". Angerer zufolge können die Ermittlungen bei einigen Diensten belegen, dass ein Teil der Bunker-Leute von den illegalen Seiten auf ihren Servern wusste. Dem Staatsanwalt zufolge soll Herman X. dubiosen Kunden, zu denen im Rechenzentrum eine Warnung eingegangen war, sogar eine Art "Tarnkappenservice" angeboten haben, der sie gegen einen Aufpreis im Netz unsichtbar machen sollte. Die Auswertung der "Cyberbunker"-Server würde zwar noch andauern, die Ermittler hätten aber bislang "keine einzige legale Website gefunden". Das Bunker-Datenzentrum war im vergangenen Herbst nach jahrelangen Ermittlungen in einem Großeinsatz ausgehoben worden.

Überführt wurde der Bunker-Betreiber Herman X. offenbar unter anderem durch einen eingeschleusten verdeckten Ermittler. Gegen die Gruppe ist inzwischen Anklage erhoben worden, unter anderem wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung und Beihilfe zum Drogenhandel. Auf die Frage des NDR und "Spiegel", was jetzt mit seinem Bunker in Traben-Trarbach passiere, antwortete der Beschuldigte Herman X.: "Sobald wir frei sind, gehen wir wieder rein!"

Die Veröffentlichungen:

Begleitende Berichterstattung im Hörunk bei NDR Info und den ARD Wellen, regional im SWR (Fernsehen und Hörfunk) und bei Facebook (Panorama) und Instagram (STRG_F und tagesschau).

  •  SPIEGEL, 16.05.2020, Titel: "Im Bunker des Bösen. Wie ein altes Militärgelände an der Mosel zur Schaltstelle des internationalen Verbrechens wurde", S. 8-19




Arztausweis per Post

Wenn der Arztausweis an der Käsetheke abgeliefert wird, dann gibt es offenkundig eine Lücke im System. Recherchen von NDR und "Spiegel" sowie Chaos Computer Club zeigen Sicherheitsmängel im Gesundheitsdatennetzwerk.

Das Gesundheitsdatennetzwerk für Ärzte, Kliniken und Krankenkassen, die sogenannte Telematikinfrastruktur, weist schwere Sicherheitslücken auf. Das zeigen Recherchen von NDR und "Spiegel" sowie IT-Sicherheitsexperten des Chaos Computer Clubs (CCC). Reporterinnen und IT-Sicherheitsexperten ist es gelungen, sich auf den Namen Dritter elektronische Arztausweise, einen Praxisausweis und eine Gesundheitskarte zu bestellen und an eine Lieferadresse ihrer Wahl senden zu lassen. Besondere IT-Kenntnisse waren dafür nicht nötig. 


Die Recherche wurde am 27.12.2019 veröffentlicht bei

- tagesschau.de investigativ
- SPIEGEL Online, SPIEGEL Plus und SPIEGEL
- tagesschau 16 Uhr (Aufmacher), tagesschau 17 Uhr (Aufmacher), tagesschau 20 Uhr (Aufmacher) und tagesthemen
- im Hörfunk von NDR Info und den Wellen der ARD, z.B. WDR Echo des Tages



Der elektronische Arztausweis und Praxisausweis spielen bei der Vernetzung des Gesundheitswesens eine zentrale Rolle. Künftig soll jeder Arzt diese Chipkarten besitzen, um sich digital auszuweisen. Sie sind der Zugangsschlüssel für Ärzte zur Telematikinfrastruktur, die Praxen, Krankenhäuser und Krankenkassen vernetzten soll. Die elektronische Patientenakte ist für 2021 geplant. Deshalb gelten schon jetzt strenge Regeln, wer solche Zugangsschlüssel haben darf.

Die Bestellung der Chipkarten durch die Journalistinnen war dennoch möglich - unter Ausnutzung verschiedener Sicherheitsmängel. Gefunden hat diese Mängel ein Projektteam des CCC rund um Martin Tschirsich. Der IT-Sicherheitsberater untersuchte, ob es ihm als Außenstehender möglich ist, nicht nur an einen elektronischen Arztausweis, sondern auch an einen Praxisausweis und Gesundheitskarten von Versicherten zu kommen - also an alle Chipkarten, die für die Nutzung der Telematikinfrastrutur relevant sind.

Alle Erkenntnisse hat das CCC-Team in einem rund 30-seitigen Bericht zusammengefasst. Das Ergebnis: Wenn keiner zuverlässig kontrolliert, wer sich hinter einer Bestellung eines Ausweises verbirgt und wohin die Chipkarten geliefert werden, ist das gesamte System löchrig. "Das ist problematisch, weil die Sicherheit der Telematikinfrastruktur genau auf der Sicherheit dieser Kartenherausgabeprozesse basiert", sagt Tschirsich.

Bei der genauen Analyse eines Anbieters, der Firma Medisign GmbH, entdeckte das CCC-Team weitere Lücken in der IT-Sicherheit. Eine war besonders gravierend: Unter einer offen zugänglichen URL konnte das Team ausgefüllte Arztausweisanträge einsehen. Dort standen Namen, Geburtsdatum, Meldeadresse, Kontoverbindungen oder Personalausweisnummern von Ärzten. Das Team um Tschirsich stufte das Datenleck als so kritisch ein, dass die Firma bereits vor Wochen informiert wurde.

Auch der Arzt Thomas Damms war von dem Datenleck betroffen. Seine Informationen daraus nutzen die Journalistinnen mit seinem Einverständnis für ihr Experiment. Und tatsächlich: Sein Arztausweis und die zugehörigen Sicherheitsnummern wurde nicht nur in den Käseladen geliefert, sondern weil es dort keinen Briefkasten gibt, legte der Postbote den Brief mit seinem Arztausweis einfach auf der Käsetheke ab.

Auf Anfrage von NDR und "Spiegel" erklärt Medisign GmbH, dass die "Sicherheitsmängel sofort beseitigt" wurden. Der zuständige Landesdatenschützer und Herausgeberorganisationen seien informiert worden. Medisign erklärt zudem, die Firma stehe mit allen zuständigen Institutionen in Kontakt, "um weitere Maßnahmen festzulegen". Vorsichtshalber seien aber betroffene Karten gesperrt worden. Gleichzeitig betont Medisign, dass die Identifizierungsverfahren BankIdent und KammerIdent den gesetzlichen Vorgaben entsprechen und als "sicher anzusehen" seien.

Die für die Sicherheit der Telematik zuständige Gesellschaft Gematik betont, dass die aufgedeckten Schwachstellen "nicht hinnehmbar" seien. Da aktuell noch keine Behandlungsdaten gespeichert würden, bestehe aber keine Gefahr für die Sicherheit der Patientendaten. Die Prozesse der Kartenausgabe sollen nun überprüft werden. Bis dahin sei die Ausgabe von Karten gestoppt. Das Datenleck bei Medisign nehme die Gematik zum Anlass bei dem Anbieter eine unabhängige Prüfung vorzunehmen.


Die Recherche in der Presse (Auswahl):

Die Zeit: Vergabe von Arztausweisen wegen Sicherheitslücken gestoppt
Die Welt: Elektronische Patientenakte nur unzureichend geschützt
Handelsblatt: Sicherheitslücke im Gesundheitsnetzwerk - Ausgabe gestoppt
Tagesspiegel: Ausgabe von Praxis- und Arztausweisen nach Datenleck gestoppt
Süddeutsche Zeitung: Wegen Datenleck Ausgabe von Praxisausweisen gestoppt


Sensible Patientendaten in Gefahr

Patientendaten sind in zahlreichen Arztpraxen ungenügend gegen Hacker geschützt. Das geht aus einem vertraulichen Papier der Gesellschaft Gematik hervor, das NDR und Süddeutscher Zeitung vorliegt. Demnach gibt es in mehr als 90 Prozent der Praxen, die bereits an das bundesweite Gesundheitsdatennetzwerk angeschlossen sind, Sicherheitsrisiken. Sie sind mit einer Methode an das Netzwerk angeschlossen, die eine zusätzliche technische Absicherung erfordert. Diese Absicherung wurde in der Regel aber nicht vorgenommen.

Hacker können sich daher leicht Zugang zu den sensiblen Gesundheitsdaten von Millionen Patienten verschaffen. Dass das Problem nicht nur theoretischer Natur ist, berichten Ärzte, die auf ihren Praxiscomputern bereits Schadsoftware zum Abgreifen von Daten gefunden haben.

Die Digitalisierung des Gesundheitswesens schreitet derzeit schnell voran, denn Praxen drohen Honorareinbußen, wenn sie sich nicht ans Netzwerk anschließen. Rund 115 000 der 170 000 verpflichteten Praxen sind daher inzwischen mit Krankenhäusern, Krankenkassen und Apotheken verbunden. Über die Gesundheitskarte und elektronische Patientenakten soll die Behandlung so verbessert werden.

Eigentlich hat die Gematik, die mehrheitlich dem Bund gehört, klare Vorgaben entwickelt, wie der Anschluss der Praxen zu erfolgen hat. Ob die Vorgaben aber bei der Installation von IT-Dienstleistern auch umgesetzt werden, überprüft die Gematik nicht. Schon seit Monaten warnen Computerexperten, dass viele Anschlüsse nicht den Sicherheitsstandards folgen. Dem ist die Gematik inzwischen nachgegangen - mit erschreckendem Ergebnis, wie das vertrauliche Papier zeigt, das NDR und SZ vorliegt. Demnach erfolgten bis Mai 2019 mehr als 90 Prozent der Installationen im sogenannten Parallelbetrieb, bei dem zusätzliche Schutzfunktionen unerlässlich sind, zum Beispiel eine Hardware-Firewall. Doch solche Schutzfunktionen gibt es in den meisten Praxen nicht. Die alternative Anschlussmethode, den Reihenbetrieb, würden viele IT-Dienstleister gar nicht anbieten, heißt es in dem Papier weiter.

Sensible Patientendaten in Gefahr
NDR, Panorama 3
12 Min.
12.11.2019, 21:15 Uhr
Autoren: Jasmin Klofta, Anne Ruprecht und Katrin Kampling




Wie anfällig für Hacker jene Praxen sind, die im Parallelbetrieb angeschlossen wurden, hat Harald Mathis, Professor am Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik, im Auftrag des bayerischen Fachärzteverbands exemplarisch in 30 Praxen untersucht. "Ein Drittel war sicher, und die anderen zwei Drittel waren in einem beklagenswerten Zustand", sagt er. Es bestehe das Risiko, "dass mit den Daten auch Schindluder getrieben wird".

Das Bundesgesundheitsministerium und die Gematik weisen die Verantwortung für die Sicherheitslücken von sich. Die sichere Installation sei Aufgabe der Praxen, heißt es auf Anfrage. Die Opposition erwartet hingegen "Aufklärung darüber, in wie vielen Praxen es Probleme gibt und wie sie schnellstmöglich behoben werden", sagt Maria Klein-Schmeink, die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag. "Datensicherheit muss im Gesundheitswesen so selbstverständlich werden wie Händewaschen."

Weitere Veröffentlichungen:

 

Patientendaten meist schlecht geschützt
Süddeutsche Zeitung, 12.11.2019, Seite 1
Christina Berndt, Jasmin Klofta und Katrin Kampling

Datensicherheit bei Ärzten: "Mir war immer klar, dass sehr viele Praxen unsicher sein müssen"
Süddeutsche Zeitung, 13.11.2019
Christina Berndt, Jasmin Klofta und Katrin Kampling

Einladung an Hacker
Süddeutsche Zeitung, 12.11.2019
Kommentar von Christina Berndt

 



G20: Wer sind die Täter?

ENGLISH SUMMARY: G20- WHO ARE THE PERPETRATORS? The burning barricades during the G20 summit in Hamburg had not yet been extinguished, but already commentators were certain of who was to blame: the Autonomous. The Mob. The Foreigners.  . Even rioters from "Putin's Reich" were identified as guilty. But what do we really know about the perpetrators? Who built the climate for a hysterical debate about security in Germany? Reporters from "Panorama" conducted numerous interviews with militant Autonomous who had prepared meticulously for weeks, with people who had looted  Hamburg’s stores and regret not having gotten more.They also talked to so-called free riders in the days after the incidents. One trace led to Spain: A  Spanish group posted pixelated pictures online, showing them in front of burning barricades in Hamburg. Jasmin Klofta and Anne Ruprecht went looking for them in Spain, found them and conducted an interview with the militant group. The reporters of "Panorama" won the renowned Grimme Prize for their report in 2018

 

Die brennenden Barrikaden anlässlich des G20-Gipfels in Hamburg waren noch nicht gelöscht, da folgten schon die Gewissheiten. Die Autonomen waren es. Der Mob war es. Die Ausländer waren es. Sogar Randalierer aus "Putins Reich" wurden als Schuldige ausgemacht. Aber was weiß man wirklich über die Täter? Wer hat die Vorlage für eine hysterische Debatte zum Thema Sicherheit in Deutschland geliefert? Reporter von "Panorama" haben in den letzten Tagen zahlreiche Interviews mit Tätern, aber auch sogenannten Trittbrettfahrern geführt. Sie sprachen mit militanten Autonomen, die sich wochenlang auf den G20-Gipfel vorbereitet haben, und mit Plünderern der Hamburger Geschäfte, die bedauern, nicht mehr erbeutet zu haben. Eine Spur führte nach Spanien: Im Netz postete eine spanische Gruppe verpixelte Bilder von sich vor brennenden Barrikaden in Hamburg. Jasmin Klofta und Anne Ruprecht machten sich in Spanien auf die Suche nach ihnen, fanden sie und führten ein Interview mit der militanten Gruppe. Die Reporter von „Panorama“ gewannen gemeinsam für ihre Reportage den rennomierten Grimme-Preis 2018.

"G20: Wer sind die Täter?"
ARD, Panorama
17 Min.
20. Juli 2017 21:45 Uhr
Reporter: Djamila Benkhelouf, Ben Bolz, Robert Bongen, Stefan Buchen, Johannes Edelhoff, Fabienne Hurst, Johannes Jolmes, Jasmin Klofta, Pia Lenz, Anna Orth, Andrej Reisin, Anne Ruprecht, Christian Salewski, Nino Seidel und Tina Soliman

"Die G20-Täter"
NDR, Panorama - die Reporter
30 Min.
24. Juli 2017
Reporter: Djamila Benkhelouf, Ben Bolz, Robert Bongen, Stefan Buchen, Johannes Edelhoff, Fabienne Hurst, Johannes Jolmes, Jasmin Klofta, Pia Lenz, Anna Orth, Andrej Reisin, Anne Ruprecht, Christian Salewski, Nino Seidel und Tina Soliman


Gekommen, um zu zerstören - Miliante Gruppe aus Spanien beim G20
Wenig ist bekannt über die Randalierer der G20-Krawalle. Im Netz gibt es Bilder einer militanten Gruppe aus Spanien, die dabei war. Jasmin Klofta und Anne Ruprecht sind nach Spanien gefahren, um die Gruppe zu suchen - und die Reporter haben sie gefunden. Im Interview erklärt die Gruppe, dass sie in Hamburg gegen das "faschistische, kapitalistische" System protestieren wollten. Ideologisch knüpften sie an die RAF an.

Von Jasmin Klofta und Anne Ruprecht
tagessschau.de, 20. Juli 2017




Die Rausschmeißer

ENGLISH SUMMARY: THE BOUNCERS - We have heard it before: Well-capitalized employers allegedly using controversial to illegal methos to push unpleasant works councils/unionsout of companies. There was never any proof, until now. For the first time, an informant spoke out about a network of employers, a lawyer and detectives. In what  sounds like a thriller, he tells how he was smuggled into businesses as a temporary worker. Tasked with finding information about a target person that could be used to construct compromising allegations. For example: A Management of a nursing home wanted to get rid of two works councils, so the detective, in agreement with management, created compromising situations providing cause for dismissal: Disguised as a temporary worker, he presented a councilor with a bottle of sparkling wine on the pretext of his birthday. This was grounds enough for her to be accused of drinking alcohol at work. Another councilor was accused of having assaulted another temporary worker. In fact, the temporary worker was a second detective who was injured by another person, causing  an injury that could be reported to the police. Again and again, the network led to a well-known German lawyer who specializes in employment law and asserts that he can terminate the "non-terminable". The research team led by Jasmin Klofta uncovered extensive data: documents, contracts, invoices, internal communication. It confirmed the processes described by the detective. The exclusive research was published in a 30-minute documentary in the ARD, a 30-minute radio feature in the NDR, and several articles in the Süddeutsche Zeitung.


Irgendwann wurde es ihm zu viel. Jahrelang hatte er unter anderem Namen gelebt, an immer anderen Orten, mit immer neuen Legenden. Jahrelang hat er seinen Opfern übel mitgespielt. Der Mann war Detektiv, wurde in Unternehmen eingeschleust, wenn kapitalkräftige Arbeitgeber unliebsame Betriebsräte mit offenbar illegalen Methoden loswerden wollten. Doch irgendwann konnte er nicht mehr.

Die Rausschmeißer - Feuern um jeden Preis (Exclusiv im Ersten)
30 Min.
04. Juli 22:00 Uhr
Autoren: Jasmin Klofta, Willem Konrad, Antonius Kempmann, Reiko Pinkert, Kersten Mügge
Reporter: Christoph Lütgert
Kamera: Willem Konrad, Eike Nerling, Andrzej Krol
Grafik: Fritz Gnad
Schnitt: Willem Konrad, Marc Peschties
Musik: Martin Glos und Christian Ziegler (Isola Music)


Jetzt sitzt er in einem Hamburger Loft und wird für seinen Auftritt vor der Kamera maskiert. Damit ihn niemand erkennt. Denn er will ein neues Leben beginnen. Und auspacken. Darüber wie er unliebsame Arbeitnehmer regelrecht in Fallen gelockt, ihnen falsche Aussagen oder sogar Gewalt-Taten angedichtet hat. In vielen seiner Aufträge spielte offenbar der bekannte Rechtsanwalt Helmut Naujoks eine Rolle. Der bekannte Rechtsanwalt, der sich öffentlich damit brüstet, er vertrete nur Arbeitgeber und könne bewirken, dass auch eigentlich unkündbare Betriebsräte ihren Job verlieren, immer "im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten", wie Naujoks behauptet.

Die Aussagen des ehemaligen Detektivs lassen daran Zweifel aufkommen. Er erzählt wie er jahrelang mit Anwalt Naujoks zusammengearbeitet hat, wie er unter anderem als Agent Provokateur agiert und mit Wissen von Naujoks Äußerungen von Betriebsräten bezeugt habe, die so nie gefallen seien. Um Kündigungsgründe zusammen zu bekommen, habe man sich sogar belastende Vorfälle ausgedacht und die den jeweiligen Opfern zugeschrieben, damit die dann gefeuert werden konnten.

Dem Rechercheteam von NDR, WDR und SZ wurde umfangreiches Datenmaterial zugespielt: Dokumente, Verträge, Rechnungen, interne Kommunikation. Es bestätigte die Abläufe, die der Detektiv schilderte. Zwar gibt es keinen Beweis, dass Naujoks über alle schmutzigen Methoden der Detektive Bescheid wusste. Es fanden sich aber deutliche Indizien dafür, dass der Anwalt und sein Netzwerk im Auftrag von Arbeitgebern mit indiskutablen Mitteln kämpfen.

So wie im Fall eines Pflegeheims in Bad Nauheim, wo man zwei Betriebsrats-Frauen loswerden wollte. Hier wurde der Informant, zusammen mit anderen Detektiven, als vermeintliche Aushilfskräfte eingeschleust. Sie hätten in Absprache mit der Heimleitung kompromittierende Situationen geschaffen, um Kündigungsgründe zu schaffen. So wurde einer Betriebsrätin wahrheitswidrig angelastet, sie habe Alkohol am Arbeitsplatz getrunken, was streng verboten war; einer anderen Betriebsrätin sei mit einer falschen Zeugenaussage angedichtet worden, sie habe einem Kollegen ins Gesicht geschlagen. E-mails der Heimleitung, die NDR, WDR und SZ vorliegen, nähren den Verdacht, dass Anwalt Naujoks über die Vorgänge informiert wurde. Vor der Ausstrahlung wollte sich die Heimleitung nicht äußern. Später erklärte sie gegenüber dem NDR, dass sie mit Naujoks zusammengearbeitet habe, er die Detektive zur Bedingung einer Zusammenarbeit gemacht habe und sie die Beautragung nachträglich bedauere.

Naujoks selbst hatte dem NDR erst ein Interview zugesagt, diese Zusage dann aber wieder zurückgezogen. Eine von ihm beauftragte Hamburger Kanzlei erklärte, der Einsatz von Detektiven könne als das letzte Mittel geboten sein. In keinem Fall habe Naujoks wissentlich daran mitgewirkt, mit Hilfe von rechtswidrig provozierten oder vorsätzlich unwahren Sachverhalten Kündigungen durchzusetzen. Zudem könne er über konkrete Mandanten keine Auskünfte erteilen.

 Weitere Veröffentlichungen zur Recherche:

"Wie Chefs unkündbaren Mitarbeitern Fallen stellen"
Süddeutsche Zeitung, Seite 3, 5. Juli 2017
Von Nicolas Richter, Antonius Kempmann, Jasmin Klofta, Reiko Pinkert und Uwe Ritzer

Rausschmeißer vom Dienst
NDR Info- Das Forum, 04. Juli 2017, 20:30 Uhr, 30 Min.
Von Kersten Mügge, Jasmin Klofta, Antonius Kempmann, Reiko Pinkert und Willem Konrad.

Arbeitgeber bekämpfen ihre Betriebsräte mit geradezu kriminellen Methoden. Und Anwälte helfen ihnen dabei" - Christoph Lütgert kommentiert "Die Rausschmeißer".

Fertiggemacht vom eigenen Chef
Süddeutsche Zeitung, 05. Juli 2017
Von Uwe Ritzer

Klientin geht auf Distanz
NDR Info, 10. Juli 2017
Von Kersten Mügge

Der Rausschmeißer
Süddeutsche Zeitung, 10. Juli 2017
Von Uwe Ritzer


#globalblacklist - Viele Unschuldige auf "schwarzer Liste" der Finanzindustrie

ENGLISH SUMMARY: MANY INNOCENT ON BLACK LIST OF THE FINANCE INDUSTRY - It's a rare glimpse of an otherwise tightly guarded datastore - and it's worrying: many innocent people and organizations find themselves in the World Check database, which protects banks against potentially dangerous customers. This was the outcome of joint research by NDR (Germany), The Times of London (Great Britain), NPO Radio 1 (Netherlands), De Tijd (Belgium), La Repubblica (Italy) and The Intercept (USA). For the first time, they had comprehensive insight into World Check thanks to a leaked copy of the dataset containing more than two million profiles as of 2014. The World Check database is a service of the global information and media group Thomson Reuters and one of only a few major offerings for identifying potentially problematic customers for banks and financial service providers: Politically Exposed Persons (PEPs), as well as individuals and organizations in the categories of crime, money laundering and terror. Under anti-money laundering and corruption laws, banks are required to scrutinise in advance those with whom they do business. If suspicion arises, they may refuse even a basic account. The banks are required to watch closely those customers with international connections, and cross-border transfers must be considered carefully. However, the journalists revealed that many individuals and organizations were wrongly listed: Many are demonstrably innocent, such as people and organizations against whom allegations have not been proven or that are controversial and uncomfortable, but not criminal. The reason for these listings was often in the sources, which are added to a profile without any rating or weighting. Among them are state propaganda, conspiracy, even right-wing extremist sites. Official government sources from around the world are used – but activity deemed criminal in one country may be perfectly legal in another.


Exklusive Recherche von Süddeutscher Zeitung und NDR gemeinsam mit internationalen Partnern zeigt massive Probleme in der Auskunfts-Datenbank World-Check auf

Es ist ein seltener Einblick in einen sonst streng gehüteten Datenschatz – und er ist besorgniserregend: Viele unschuldige Menschen und Organisationen finden sich in der World-Check-Datenbank, mit der Banken sich gegen potenziell gefährliche Kunden schützen. Das zeigt eine gemeinsame Recherche von Süddeutscher Zeitung und NDR gemeinsam mit der Times of London (Großbritannien), NPO Radio 1 (Niederlande), De Tijd (Belgien), La Repubblica (Italien) und The Intercept (USA). Sie hatten nun erstmals umfassenden Einblick in einen World-Check-Datensatz mit mehr als zwei Millionen Profilen mit Stand aus dem Jahr 2014, auf den der amerikanische Sicherheitsexperte Chris Vickery vergangenes Jahr auf einem Internet-Server gestoßen war.

Die World-Check-Datenbank ist ein Dienst des weltweit agierenden Informations- und Medienkonzerns Thomson-Reuters und eines von nur wenigen großen Angeboten für Informationen über potenziell problematische Kunden für Banken und Finanzdienstleister: politisch exponierte Personen (PEPs), sowie Personen und Organisationen die mit Kriminalität, Geldwäsche und Terror in Verbindung gebracht werden. Durch Anti-Geldwäsche- und Korruptionsgesetze sind Banken dazu angehalten sich vorab zu informieren, mit wem sie Geschäfte machen. Besteht der Verdacht, dürfen sie sogar ein Basiskonto verweigern.

Die ausgewerteten Daten offenbaren nun, dass viele der gelisteten Personen und Organisationen dort wohl zu Unrecht stehen: Viele sind offensichtlich Unschuldige, das heißt oft Menschen und Organisationen, gegen die ergebnislos ermittelt wurde oder die umstritten und unbequem sind, aber nicht kriminell. Beispiele dafür sind die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, die Tierschutzorganisation Peta, die Umweltschutzorganisation Greenpeace, Oppositionspolitiker unter anderem aus Sri Lanka und Eritrea sowie die amerikanische Whistleblowerin Chelsea Manning, deren Eintrag auf Finanz-Kriminalität verweist.

Personen und Organisation mit einem Eintrag bei World-Check müssen mit erheblichen Schwierigkeiten schon bei einfachen Bankgeschäften rechnen.  Auch spendenfinanzierte Organisationen müssen massive Nachteile beim Einwerben der Mittel befürchten.

Thomson-Reuters bewirbt seinen Dienst damit, dass neben Algorithmen auch 250 Analysten monatlich 25 000 neue Profile anlegen und 40 000 Profile auf den neuesten Stand brächten. Konfrontiert mit den Recherche-Ergebnissen, äußert sich der Konzern nur zurückhaltend und verweist auf Datenschutz-Gründe. Die World-Check zugrundeliegenden Informationen stammen demnach vor allem aus Hunderten Regierungs- und Justizdatenbanken, von Aufsichts- und Strafverfolgungsbehörden, der EU und den Vereinten Nationen. Weitere Informationen, etwa aus Weblogs, flössen nur zur Bestätigung anderer Erkenntnisse ein und seien klar gekennzeichnet. Die Erkenntnisse würden zudem von Teams spezialisierter Mitarbeiter zusammengeführt und abgeglichen.

Dennoch ist World-Check nach deutschem Recht problematisch, der Betrieb einer solchen Datenbank wäre „hierzulande so nicht zulässig“, sagt Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar. Es handle sich um eine Auskunftei, in der nur bestimmte und überprüfte Daten gesammelt werden dürften. Dass deutsche Unternehmen Daten bei World-Check abrufen, hält Caspar deshalb auch für rechtlich problematisch.

Datenleck bei "World-Check". Unschuldig auf der schwarzen Liste
von Jasmin Klofta und Christian Baars
tagesschau.de vom 24. Juni 2017

Gefangen auf der schwarzen Liste
von Jasmin Klofta und Stephan Radomsky
Süddeutsche Zeitung, 24./25. Juni 2017, S. 25
Online hier

Internationale Veröffentlichungen vom 24. Juni 2017:

UK / The Times of London
Innocent people added to terror blacklist
Tom Wills

USA / The Intercept
Flimsy Evidence and Fringe Sources Land People on Secretive Banking Watchlist
Cora Currier

Italien / Repubblica
La grande schedatura: oltre due milioni di persone tra i soggetti a rischio per banche e intelligence
Stefania Maurizi

Niederlande / Argos os, NPO Radio 1
Duizenden Nederlanders op gelekte zwarte lijst
Eveline Lubbers, Sanne Terlingen, Huub Jaspers
      
Niederlande / OneWorld

Duizenden Nederlanders op gelekte zwarte lijst
Eveline Lubbers, Sanne Terlingen, Huub Jaspers

Belgien /   De Tijd
Wat als u op de grootste zwarte lijst ter wereld staat?
Lars Bové und Emmanuel Vanbrussel

   


„Wozu Demokratie? Aufruhr in Minideutschland“

ENGLISH SUMMARY: WHY DEMOCRACY - UPRISING IN MINI-GERMANY - Germany 2017. In the idyllic Haßloch many people are dissatisfied: The politicians are incapable, problems everywhere, the living conditions unfair, they say. Haßloch - it represents the whole of Germany. No place resembles Germany in its social structure more closely than this small town. It is Germany on a small scale - even ruled by a grand coalition. This is why companies test their new products here. Jasmin Klofta, Fabienne Hurst and Johannes Jolmes went to Haßloch to find out why democracy skepticism has arrived in "Little Germany". The feeling of the citizens that "those up there do whatever they want regardless" is everywhere - and with it the protest against the establishment. But why? For months, the reporters accompanied politicians and citizens in Haßloch. They followed the mayor as he moves his office into the middle of the market square to find out more quickly what the problems of his citizens are. They talk to citizens why decision making in democracy takes too long for them, and why they can imagine „a kind of king”. The reporters watched a referendum on the local swimming pool, which turned out quite different than had been expected. And they accompany the leaders of CDU and SPD to a voting district where almost one in three people voted for right-wing party AFD in the last election. There, they wanted to find out what politics needs to do to regain those voters. It is a 30 minute TV-report about the steadily growing expectations of the citizens toward politics, and about how representative democracy is understood and misunderstood. The report broaches the big issues of our time – compiled in a small place.


Deutschland 2017. Im idyllischen Haßloch sind viele Menschen unzufrieden: Die Politiker seien unfähig, Probleme überall, die Verhältnisse ungerecht, heißt es hier. Haßloch – es steht für ganz Deutschland. Kein Ort ähnelt Deutschland in seiner Sozialstruktur so sehr wie Gesamtdeutschland. Hier testen deshalb Firmen ihre neuen Produkte. Es ist Deutschland in Klein – sogar regiert von einer Großen Koalition. Jasmin Klofta, Fabienne Hurst und Johannes Jolmes fuhren nach Haßloch, um herauszufinden, warum die Demokratieskepsis in „Minideutschland“ angekommen ist. Das Gefühl der Bürger "Die da oben machen doch eh, was sie wollen" grassiert - und mit ihm der Protest gegen das Establishment. Doch warum eigentlich?

ARD, Panorama
30 Min.
12. Januar 2017 21:45 Uhr
Autoren: Jasmin Klofta, Fabienne Hurst, Johannes Jolmes
Kamera: Andrzej Król, Fabienne Hurst, Florian Kössl
Grafik: Thorben Korpel, Oliver Ende
Schnitt: Marc Peschties
Sprecher: Lutz Ackermann


Monatelang begleiteten die Reporter in Haßloch Politiker und Bürger. Sie begleiten den Bürgermeister, als er sein Büro mitten auf den Marktplatz verlegte, um schneller herauszufinden, was die Probleme seiner Bürger sind. Sie sprachen mit Bürgern, warum ihnen die Entscheidungen in der Demokratie zu lange dauern und sie sich deshalb wieder "eine Art König“ vorstellen können. Die Reporter beobachteten einen Bürgerentscheid zum lokalen Schwimmbad, das ganz anders ausfiel, als es die Politik erwartet hatte. Und sie begleiteten die Vorsitzenden von CDU und SPD in eines ihrer Stammwähler-Bezirke, in dem fast jeder Dritte bei der letzten Wahl Protest gewählt hatte mit der Frage, was die Politik tun muss, um diese Wähler für sich zurückzugewinnen. Es ist eine Reportage über die stetig gewachsenen Erwartungen der Bürger an die Politik und darüber wie Repräsentative Demokratie verstanden und missverstanden wird. Die Reportage thematisiert die großen Fragen der Zeit – gesammelt an einem kleinen Ort.

Frankfurter Allgemeine Zeitung
"Die da oben machen einfach alles falsch"
12. Januar 2017
Autoren: Fabienne Hurst, Jasmin Klofta





Weitere Infos:

Eine 45-minütige Fassung des Filmes lief am 01. März 2017 um 20:15 Uhr bei betrifft im SWR.
Eine Rezension des Filmes können Sie hier in der tageszeitung lesen.



#nacktimnetz

ENGLISH SUMMARY: Internet users are spied on by browser addons, as NDR research shows. For millions of Germans this is unpleasant, but affected politicians can find their independence threatened. The data track leads all the way to the Federal Chancellery. Trust is a precious thing for politicians - talking to citizens, preparing for meetings and dealing with stakeholders. But what if all the information on topic research, travel, and conversation partners are openly available to purchase on the Internet?  Research by Panorama finds that Federal politicians were spied on by browser extensions. This can make them vulnerable and hinder their political work. What this means is shown by the case of Valerie Wilms, member of the Bundestag of the Green Party. The browser data shows Wilms' trajectories, gives hints to her tax data and allows insights into her political work: "Of course it can hurt, it opens the door to black mail," Wilms tells NDR. She feels "naked to the one who has the data," The data set also includes politicians working in highly sensitive areas: Helge Braun (CDU), for example, is state minister to the Chancellor, and considered the confidant of Angela Merkel. Braun's information has entered the dataset via the computer of one of his employees. Above all, the politician is surprised that "despite the criminal nature of data theft, it is often difficult for the user to retrace it at all", as Braun said upon NDR request. To get access to the data, the NDR reporters founded a fake company that claimedto be active in the big data business. Several companies were ready to sell the web data of German Internet users. Finally, one company offered the now evaluated data as a free sample dataset. It appears that the users were spied on via browser add-ons: These small add-on programs serve as practical helpers, but once installed, they send the user’s browsing history information about  to a server where the data is stored bundled to user profiles. By sampling, the NDR could identifyone of these extensions:It is the program "Web of Trust" (WOT).


Internet-Nutzer werden durch Browser-Addons ausgespäht, wie NDR-Recherchen zeigen. Das ist unangenehm für Millionen Deutsche, betroffene Politiker kann es in ihrer Unabhängigkeit bedrohen. Die Datenspur führt bis ins Bundeskanzleramt.

Vertrauen ist für Politiker ein hohes Gut - im Gespräch mit Bürgern, bei der Vorbereitung von Sitzungen und im Umgang mit Interessensgruppen. Was aber, wenn alle Informationen zur Themenrecherche, zu Reisen, zu Gesprächspartnern offen im Internet zum Kauf angeboten werden? Nach Recherchen von Panorama wurden Bundespolitiker durch Browser-Erweiterungen ausgespäht. Das kann sie angreifbar machen und ihre politische Arbeit behindern.

Was das konkret bedeutet, zeigt der Fall von Valerie Wilms, Bundestagsabgeordnete der Grünen. Die Browser-Daten zeigen Reiseverläufe von Wilms, geben Hinweise auf ihre Steuerdaten und lassen Einblicke in ihre politische Arbeit zu: "Natürlich kann es schaden. Man wird damit durchaus erpressbar", sagte Wilms dem NDR. Sie fühle sich "nackt demjenigen gegenüber, der die Daten hat", so Wilms weiter.


ARD, Panorama
#nacktimnetz - Auch intime Details von Bundespolitikern im Handel

03. November 2016, 21:45 Uhr
Autoren: Jasmin Klofta, Svea Eckert
Mitarbeit: Jan Lukas Strozyk, Kian Badrnejad, Stefanie Helbig
Kamera: Sven Wettengel
Grafik: Thorben Korpel
Schnitt: Olaf Hollander


In den Daten tauchen auch Politiker auf, die in hochsensiblen Bereichen arbeiten: Helge Braun zum Beispiel, der CDU-Mann ist Staatsminister bei der Bundeskanzlerin. Er gilt als Vertrauter von Angela Merkel. Über den Computer eines seiner Mitarbeiter sind Brauns Informationen in den Datensatz gelangt. Den Politiker überrascht vor allem, "dass es oftmals ungeachtet der Unzulässigkeit des Datenabflusses schwierig ist, als Anwender diesen überhaupt nachzuvollziehen", wie Braun auf NDR-Anfrage sagte.

Betroffen ist auch Lars Klingbeil, netzpolitischer Sprecher der SPD,  der SPD-Politiker Frank Junge, Waltraud Wolff, Fraktionsvorstand der SPD und Annalena Baerbock (Grüne), Mitglied im Wirtschaftsausschuss. Der Europaparlamentarier Martin Häusling, ebenfalls von den Datensammlern bloßgestellt, reagierte geschockt: "Aus sowas kann ja jeder ablesen, an was ich arbeite, wo ich selber Recherchen mache, mit dem ich mich treffe."

Um an die Informationen zu gelangen, gründeten die NDR-Reporter eine Schein-Firma, die vorgeblich im "Big Data"-Geschäft aktiv ist. Gleich mehrere Unternehmen zeigten sich bereit, die Web-Daten deutscher Internet-Nutzer verkaufen zu wollen. Ein Unternehmen bot die nun ausgewerteten Daten schließlich als kostenlosen Probe-Datensatz an.

Allem Anschein nach wurden die Nutzer  über Browser-Erweiterungen, sogenannte Add-ons, erhoben: Diese kleinen Zusatz-Programme dienen sich als praktische Helfer an, doch einmal installiert, übermitteln sie im Hintergrund alle besuchten Seiten eines Nutzers an einen Server, wo die Daten zu Nutzerprofilen gebündelt werden. Durch Stichproben konnte der NDR eine dieser Erweiterungen ausmachen. Es handelt sich um das Programm "Web of Trust", kurz WOT. 

Meldungen zu #nacktimnetz

"Daten von Politikern ausgespäht", tagesschau.de, 03. November 2016
"Beliebte Browser-Erweiterung "WOT" späht Nutzer aus", tagesschau.de, 01. November 2016

Weitere Filme aus der Reihe #nacktimnetz:

NDR, Zapp
#nacktimnetz - Journalistenprofile im Verkauf

NDR, Panorama 3
#nacktimnetz - Millionen Internetnutzer ausgespäht

ARD tagesthemen
Kein Datenschutz: Der nackte Nutzer

ARD, tagesschau 20 Uhr
Millionen Nutzer ausgespäht


Die Recherche bei Netzwerk Recherche in Hamburg.


Selins Lüge. Opfer verschweigt Vergewaltigung zum Schutz von Flüchtlingen

ENGLISH SUMMARY: When Selin Gören describes herself, she uses words such as: socialist, anti-fascist, feminist. She is on the board of "Solid" in Mannheim, the youth organization of Germany’s party “the left”, nevering missing any protest against racism. And she, of all people, who campaigns for refugees, was raped earlier this year - probably by refugees. But at the police station, Selin Gören first only filed charges for a robbery. And as perpetrators she falsely named a group of men, among whom were Germans. Why was she lying? Jasmin Klofta visited Selin Gören in Mannheim and asked her. A portrait.

ARD, Panorama
Selins Lüge
28. Juli 2016, 21:45 Uhr
Autorin: Jasmin Klofta
Kamera: Torsten Lapp
Schnitt: Kay Erich, Olaf Hollander



Wenn sich Selin Gören selbst beschreibt, fallen Worte wie: sozialistisch, antifaschistisch, feministisch. Sie ist im Vorstand von „Solid“ in Mannheim, der Jugendorganisation der Linken, fehlt auf keiner Demo gegen Rassismus. Und ausgerechnet sie, die sich so für Flüchtlinge einsetzt, wurde Anfang des Jahres vergewaltigt - vermutlich von Flüchtlingen.Doch bei der Polizei zeigt Gören zunächst nur einen Diebstahl an. Und als Täter beschreibt sie fälschlicherweise eine Gruppe von Männern, unter denen auch Deutsche gewesen sein sollen. Warum hat sie gelogen? Jasmin Klofta hat Selin Gören in Mannheim besucht und sie gefragt. 



Willkommen in der Wirklichkeit

ENGLISH SUMMARY: In the middle of the heated debate about refugees, a team from Panorama - die Reporter conducts a matter-of-fact analysis of the current situation: What about work, school or housing? What has to happen to make integration successful? What is the German citizen worried about? More than two-thirds of Germans believe that the integration of refugees in Germany will be successful. This was the result of a representative survey by Infratest dimap commissioned by Panorama. However, 52 percent of the 1,025 respondents believe that this requires a limitation of the flow of refugees. It is a film about the expectations of the refugees and the expectations of the Germans. The film was therefore also translated into Arabic and Dari (Farsi).


Mitten in der hitzigen Debatte um die Flüchtlinge, macht ein Team von Panorama - die Reporter eine kühle Bestandsaufnahme der aktuellen Situation: Wie sieht es aus mit Arbeit, Schule oder Wohnen? Was muss passieren, damit es mit der Integration klappt? Wovor hat der deutsche Bürger Angst?

Mehr als zwei Drittel der Deutschen sind der Ansicht, dass die Integration von Flüchtlingen in Deutschland gelingen wird. Das ergab eine repräsentative Umfrage von Infratest dimap im Auftrag von Panorama. 52 Prozent der insgesamt 1.025 Befragten sind jedoch der Meinung, dass dafür eine Begrenzung des Flüchtlingsstroms nötig ist.

Reporterin Anja Reschke trifft auf viele falsche Erwartungen - sowohl auf Seiten der Flüchtlinge als auch auf der Seite von uns Deutschen. So begegnet die Panorama-Moderatorin dem ernüchterten Flüchtlingshelfer Wolfgang Frangenberg in Lemgo. Er bemüht sich, einer Gruppe von Syrern, Afghanen und Iranern die deutsche Sprache und Kultur nahezubringen: "Aber es ist schwierig", sagt Frangenberg, oft würden Vereinbarungen nicht gehalten und "Pünktlichkeit ist sowieso so eine Sache". Die Flüchtlinge, die er betreut, beteuern dagegen, sie wollten sich ja integrieren, seien mit ihren Gedanken aber bei der Familie in der Heimat.

NDR, Panorama - Die Reporter
Flüchtlinge und Helfer: Willkommen in der Wirklichkeit
01. März 2016, 21:15 Uhr
30 Min.
Autoren: Jasmin Klofta, Fabienne Hurst, David Hohndorf
Reporterin: Anja Reschke
Redaktion: Lutz Ackermann, Didi Schiffermüller
Kamera: David Hohndorf, Andrej Krol, Fabienne Hurst
Schnitt: Didi Müller


Ebenso der junge Afghane Jawed: Er ist Analphabet und hatte gehofft, in Deutschland arbeiten zu können, um seiner Familie helfen zu können. Die Realität aber ist ernüchternd: Er landete in einem Flüchtlingsheim auf der Nordseeinsel Amrum.

Dort ist er gemeinsam mit 13 anderen Flüchtlingen zum Nichtstun verdammt, wartet auf seine Papiere, von Arbeit keine Spur. "Was ich von Deutschland gedacht habe, war falsch", sagt er heute. "Jetzt will ich zurück, weil meine Familie allein ist und mich braucht."

Es ist ein Film über die Erwartungen der Flüchtlinge und die Erwartungen der Deutschen. Der Film wurde deshalb auch ins Arabische und Dari (bzw. Farsi) übersetzt. Diese Versionen kann man hier sehen.





Flüchtlinge. Deutschland schaut hin.

Unter dem Titel "Flüchtlinge - Deutschland schaut hin!" widmete sich das Erste im Rahmen eines Themenabends der Flüchtlingskrise. Den Auftakt bildete eine Panorama extra Sendung mit "Flüchtlinge - wie Deutschland mit ihnen umgeht". Danach diskutierte Hart aber Fair.

Sommer 2015. Städte, Kommunen und Bundesländer sind mit der Unterbringung von Flüchtlingen überfordert. Und die Zahl der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, wächst stetig. Mehrere Wochen lang waren die Panorama Reporter in Deutschland unterwegs.

ARD, Panorama extra
Flüchtlinge - Deutschland schaut hin
31. August 2015, 20:15 Uhr
45 Min.
Autoren: Robert Bongen, Stefan Buchen, Jasmin Klofta, Anne Ruprecht, Johannes Jolmes, Philipp Henning
Schnitt: Didi Müller, Olaf Hollander, Paul Taegert



Dabei haben sie Bürgermeister kennengelernt, die alles geben, um die Flüchtlinge unterzubringen, ehrenamtliche Helfer, die vor Ort versuchen müssen, mit der Situation klarzukommen, Polizisten, die an den Grenzen Züge kontrollieren und dem Strom der Flüchtlinge oft hilflos gegenüberstehen; und auch überfüllte Flüchtlingsheime, in denen sich Stress und Gewalt entladen und Ausländerfeinde, die das Chaos als Rechtfertigung für ihre Hetze benutzen.

In einem Punkt sind sich fast alle einig: die Bundesregierung hat bisher kein Konzept, wie sie mit den drängenden Fragen der Flüchtlingsproblematik umgehen soll. Die Reporter von Panorama reisen durch ein Land im unerklärten Notstand. 


"Wir sehen uns in Deutschland". Protokoll einer Flucht.

ENGLISH SUMMARY: He was often scared to death, but also incredibly lucky: For five months, the 31 year old Rami (name changed by the editors) from Syria was on his quest to flee to Germany. He traversed more than 4,000 kilometers and crossed eight borders. On his way, Rami took pictures and small videos on his smartphone - Panorama reporters tell his escape from his perspective, in a four-part series, a multimedia story and documentary.


Er hatte oft Todesangst, aber auch immer wieder unwahrscheinliches Glück: Fünf Monate lang war der 31-jährige Rami (Name von der Redaktion geändert) aus Syrien unterwegs, um nach Deutschland zu fliehen. Mehr als 4.000 Kilometer legte er zurück, passierte acht Grenzen. Auf seinem Weg machte Rami mit seinem Smartphone Fotos und kleine Videos - Reporter von Panorama erzählen die Geschichte aus seiner Perspektive.

ARD, Panorama
Ein syrischer Anwalt auf der Flucht
03. August 2015, 21:45 Uhr
30 Min.
Autoren: Alena Jabarine, Jasmin Klofta, Nino Seidel
Redaktion: Jochen Becker, Robert Bongen, Sven Lohmann
Schnitt: Sarah Steffen, Andreas Wilken-Keeve
Illustration: Omar Ayobi
Grafik: René Schaar, Andreas Werner
Sprecher: Julian Amershi, Julian Sengelmann

Die dazugehörige Multimedia-Doku findet man hier.

Zudem erzählten wir Ramis Geschichte seriell in vier Episoden bei Panoram 3 im NDR Fernsehen:

NDR, Panorama 3
Teil 1 - Protokoll einer Flucht
09. Juni 2015, 21:45 Uhr
Im türkischen Mersin trifft der Syrer Rami auf Schleuser Abu Suhaib und plant die Überfahrt nach Italien.

NDR, Panorama 3
Teil 2 - Protokoll einer Flucht
16. Juni 2015, 21:45 Uhr
Nach dem gescheiterten Versuch über Italien zu fliehen, steigt er in ein Schlauchboot und setzt nach Griechenland über. Wie soll es jetzt weitergehen? In Athen sucht er nach Möglichkeiten.

NDR, Panorama 3
Teil 3 - Protokoll einer Flucht
23. Juni 2015, 21:45 Uhr
Rami schlägt sich von Athen nach Thessaloniki durch und nimmt von dort den Landweg, die sogenannte "Black Route" durch den Balkan.

NDR, Panorama 3
Teil 4 - Protokoll einer Flucht
07. Juli 2015, 21:45 Uhr
Über Waldwege versucht Ramit nach Ungarn zu gelangen und wird verhaftet. Als er frei kommt will er nach Deutschland weiter. Doch es kommt anders, als er erwartet.


Big Boss is watching you: Verhaltenskontrolle durch Apps

ENGLISH SUMMARY: BIG BOSS IS WATCHING YOU! Attorney Laura Holmes, 28 years old, hurries through the crowd in central London. She holds her pink cell phone with white dots to her ear. Holmes is on the phone with a friend, her voice carries a smile. It's a smile is registered in the app on her smartphone as well. Holmes' employer provided her with the app that monitors her state of mind: Wragge, Lawrence, Graham, and Co, a law firm with over a thousand employees. She is one of the first customers of Soma Analytics, a start-up from Munich. Company founder Johann Huber, 28 years old, has developed an app that aims to change how employers deal with their employees. Huber says, "For the first time, the employer can understand how people in the company feel.“ Huber's app not only analyzes the frequency of Holmes's voice, but also evaluates the resonating emotions. Even her sleep is tracked: If she tosses and turns in bed before an important appointment, the motion sensor of the smartphone registers that, and the data is evaluated by Huber's algorithms. Huber's app wants to know how stressed an employee is.
How fast does your heart beat? How well did you sleep? How many miles have you been running? Fitness apps, bracelets or smart watches like the new Apple Watch are the new billion dollar market – and more and more, they are finding  their way into companies. The manufacturers of fitness trackers and apps store and evaluate the health data. If the user is lazy, the devices complain: "You have not reached your goal today!". The user gets individual analyses of his measured values in exchange for his data - and the personalized memory of a healthy behavior. In the US, corporations such as BP or Yahoo count the steps of their employees. In Germany, Opel, SAP or IBM have programs to boost their employees' fitness. The argument is that the trend does not only help employers: Already insured persons or employees share personal health values and optimize their behavior - for a reward or a discount. The calculus of insurance companies and employers: A sick client or employee is more expensive than a healthy person. But when people's behavior is controlled via health apps and fitness trackers, it's not the users that benefit the most, but others: insurance companies and employers. The research was published at Panorama and made the front page of Berliner Zeitung and Frankfurter Rundschau.


Mit einer App überwachen Arbeitgeber die Gemütslage ihrer Mitarbeiter. Ausgewertet werden Stimmfrequenz, Handynutzung und Schlafverhalten - alles zum Wohle des Mitarbeiters, wie die App-Entwickler versichern.    





Wie schnell schlägt Dein Herz? Wie gut hast Du geschlafen? Wie viele Kilometer bist Du schon gelaufen? Fitness-Apps, Armbänder oder Smart Watches wie die neue Apple Watch sind der neue Milliardenmarkt. Sie messen tagsüber alle Aktivitäten, nachts die Qualität des Schlafes. Neun Millionen Deutsche überwachen sich nach einer Bitkom-Studie bereits selbst - durch einen Fitness-Tracker.

Ist der Benutzer faul, dann tadeln die Geräte: "Du hast Dein Bewegungsziel heute noch nicht erreicht!". Denn alle gesammelten Gesundheitswerte speichern die Hersteller der Fitness-Tracker und werten sie aus. Der Nutzer bekommt für seine Daten individuelle Analysen seiner Messwerte - und die personalisierte Erinnerung an ein gesundes Verhalten. Verhaltenskontrolle - für eine bessere Gesundheit. Doch den Trend haben nun auch Versicherungen und Arbeitgeber für sich entdeckt. Schon jetzt teilen Versicherte oder Mitarbeiter persönliche Gesundheitswerte und optimieren ihr Verhalten  - gegen eine Belohnung oder einen Rabatt. Das Kalkül der Versicherungen und Arbeitgeber: Ein kranker Versicherter oder Mitarbeiter ist teurer als ein Gesunder.


Die Anwältin Laura Holmes, 28 Jahre, knallroter Mantel, dunkelroter Schal, eilt durch die Menschenmenge der Londoner Innenstadt. Ans Ohr hält sie ihr rosa Handy mit weißen Punkten. Holmes telefoniert mit einer Freundin, in ihrer Stimme liegt ein Lächeln. Es ist ein Lächeln, das auch die App in ihrem Smartphone registriert.

Holmes Arbeitgeber hat sie mit der App ausgerüstet, die ihren Gemütszustand überwacht: Die Anwaltskanzlei Wragge, Lawrence, Graham und Co, eine Großkanzlei mit über tausend Angestellten. Sie gehört zu den ersten Kunden von Soma Analytics, einem Start-up aus München. Firmengründer Johann Huber, 28 Jahre, hat eine App entwickelt, die verändern soll, wie Arbeitgeber mit ihren Arbeitnehmern umgehen. Huber sagt: „Der Arbeitgeber kann zum ersten Mal verstehen, wie sich Leute in der Firma fühlen.“

Hubers App analysiert nicht nur die Frequenz der Stimme von Holmes und wertet die mitschwingenden Emotionen aus. Das Programm wertet auch aus, wie sie mit ihrem Smartphone umgeht: Wenn sie etwa oft und schnell hintereinander nach neuen Nachrichten schaut, gibt das Auskunft darüber, wie gestresst sie ist. Auch der Schlaf wird getrackt: Wälzt sie sich vor einem wichtigen Termin im Bett herum, registriert das der Bewegungssensor des Smartphones und die Daten werden von Hubers Algorithmen ausgewertet. Hubers App will wissen, wie gestresst ein Mitarbeiter ist.

Holmes stört es nicht, dass ihr Arbeitgeber diese Informationen erhält. Sie findet: „Wenn es ein Problem gibt, sollte der Arbeitgeber davon wissen.“ Auch Arbeitnehmer könnten sich über seine App freuen, findet Soma-Analytics-Chef Huber: „Die Informationen, die Arbeitgeber bekommen, helfen ihnen, die Arbeitnehmer glücklicher und gesünder zu machen.“ Auf diese Weise könnten Arbeitgeber zudem Milliarden Euro einsparen, die durch die krankheitsbedingten Ausfälle der Mitarbeiter entstehen. Das Interesse ist stark: Im britischen Markt, auf den Huber sich derzeit konzentriert, gehören neben Anwaltskanzleien bereits Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Beratungen und Telekommunikationsunternehmen zu den Kunden. Auch BT, die britische Telekom, ist darunter. In Deutschland gebe es erste Testläufe, so Huber.

Holmes Arbeitgeber hat seinen Hauptsitz in einem der Glastower an der Themse. Bleddyn Rees, 53 Jahre alt, ist für die App zuständig. Er ist Partner in der Kanzlei und der Spezialist für Gesundheit. Die Entwicklung des Stresses der Mitarbeiter kann er mit ein paar Klicks auf einer Website aufrufen. Rees sagt, es gehe nicht darum, weniger belastbare Mitarbeiter auszusortieren. Vielmehr sollten mit den von der App aggregiert und anonymisiert gelieferten Daten Problemfelder identifiziert werden, um Krankentage zu reduzieren.

Huber ist nicht der Einzige, der auf das gestiegene Interesse der Arbeitgeber an der Gesundheit der Mitarbeiter setzt. Smarte Fitnessarmbänder und Schrittzähler-Apps halten Einzug in immer mehr Unternehmen. In den USA lassen Konzerne wie BP oder Yahoo die Schritte ihrer Mitarbeiter zählen. In Deutschland haben Opel, SAP oder IBM entsprechende Programme, um ihre Mitarbeiter zu mehr Fitness anzutreiben. Opel und SAP erklärten auf Anfrage, dass sie keinen Zugriff auf persönliche Daten von Mitarbeitern haben. IBM äußerte sich nicht.

Die Nachfrage ist so groß, dass Wearables-Anbieter begonnen haben, gesonderte Produkte für Arbeitgeber zu entwickeln. Die Firma Jawbone, einer der führenden Fitnesstrack-Hersteller weltweit, hat dafür das Programm „Up for groups“ entwickelt. Es basiert auf dem Up-Fitnessarmband, wie es Jawbone auch bisher verkaufte – nur dass der Arbeitgeber nun auch alle Informationen erhält, die die Mitarbeiter tracken.

Auch Konkurrent Fitbit will die Arbeitgeber dabei unterstützen, die Fitness ihrer Mitarbeiter genauer zu beobachten. Gareth Jones, Vizepräsident von Fitbit für Europa, sagt, das Angebot von Fitbit helfe den Unternehmen, Personalentscheidungen mit mehr Informationen zu treffen. Zugleich würden die Mitarbeiter aufmerksamer für ihre Gesundheit. Den Unternehmen verspricht er: „Sofort-Zugriff auf die Daten des gesamten Personals in Echtzeit sowie auf frühere, aufgezeichnete Daten.“


ARD, Panorama
Autoren: Jasmin Klofta, Tina Soliman
23. April 2015, 21:45 Uhr
Kamera: Torsten Lapp
Schnitt: Marc Peschties, Roman Mellar

Die Recherche wurde bei Panorama und in der Berliner Zeitung und Frankfurter Rundschau veröffentlicht.



Durch den Einsatz von Gesundheitsapps oder Fitness-Trackern erhalten Versicherungen und Arbeitgeber umfassende Informationen über den Gesundheitszustand ihrer Versicherten oder ihrer Mitarbeiter und können damit Risiken identifizieren: Arbeitgeber wollen kostenintensive Krankentage der Mitarbeiter reduzieren. Versicherungen arbeiten an möglichst effizienten Risikoberechnungen. Ein optimiertes Leben - es kann besser und gesünder sein. Doch wenn über Gesundheitsapps und Fitness-Tracker das Verhalten der Menschen kontrolliert und gesteuert wird, profitieren vor allem nicht die Benutzer, sondern andere: Versicherungen und Arbeitgeber.



Ubers unheimliche Datenmacht

ENGLISH SUMMARY: An “analytical game” - this is how Uber Germany boss Fabien Nestmann describes what his employees did with the data of users, as described in a meanwhile deleted Uber blog post from March 2012. For customers of the ride service, however, the game seems to be about as funny as being followed by a stalker. In fact, Uber employees evaluated which users had a one-night stand when and where to demonstrate their powerful abilities to analyze user data. In order to determine the number of one-night stands, Uber’s data experts filtered people who booked a weekend trip between 10pm and 4am onthe weekend - and then requested another trip within a radius of about 160 meters of the drop point four to six hours later. Based on the assumptions of where users had one-night stands, Uber then published maps of New York, San Francisco, and other US cities, in which the districts with a particularly large number of one-night stands were colored red. In order to optimize the forecast, Uber tries not only to analyze where people go with Uber, but also what they intend to do. Another blog post states, "We need information about what people are really aiming for and not just about the place where they want to be dropped off." Uber's data department therefore worked on identifying which food Uber passengers preferred and in which hotels they stayed. According to them, they did sosuccessfully: The group states that they developed a model that that was able to correctly predict  the final goal of a person with 74% accuracy. Uber does not want to "discredit" anyone, says company spokesman Nestmann. Uber-Germany boss Nestmann points out that such evaluations are carried out with aggregated, anonymized data. However, there have been repeated instances of Uber employees using the data to analyze the pattern of movement of certain individuals. This is made possible by an internal analysis tool called "God View."

Uber-Deutschlandchef Fabien Nestmann nennt es im Interview mit ARD-Panorama "ein analytisches Spiel", was die Mitarbeiter des umstrittenen Fahrtenvermittlers mit den Daten der Nutzer trieben. Den Kunden des Fahrtendienstes dürfte das Spiel allerdings ungefähr so lustig vorkommen, wie von einem Stalker verfolgt zu werden. Die Mitarbeiter von Uber werteten nämlich aus, welche Nutzer wann und wo einen One-Night-Stand hatten, um damit ihre mächtigen Fähigkeiten zur Analyse der Nutzerdaten zu demonstrieren.

In einem inzwischen gelöschten Blogpost hat Uber das Vorgehen im März 2012 detailliert beschrieben: Um die Zahl der One-Night-Stands zu bestimmen, filterten Ubers Datenexperten Personen heraus, die am Wochenende eine Fahrt zwischen 22 Uhr abends und 4 Uhr nachts buchten - und dann eine weitere Fahrt in einem Radius von etwa 160 Metern des Absetzungspunktes vier bis sechs Stunden später anforderten. Aufgrund der Annahmen, wann Nutzer wo One-Night-Stands hatten, veröffentlichte Uber dann Karten von New York, San Francisco und anderen US-Städten, in denen der Bezirke mit besonders vielen One-Night-Stands rot eingefärbt wurden.

Die Karte von Manhattan und Brooklyn in New York City erstellte Uber aus einer Analyse der Nutzerdaten. Dabei versuchte Uber die Bezirke zu identifizieren, in denen Nutzer besonders viele One-Night-Stands hatten. Je dunkler ein Bezirk eingefärbt sind, desto mehr "Rides of Glory" der Nutzer hatte Uber in dem Bereich identifiziert. Uber-Deutschlandchef Fabien Nestmann verteidigte das Vorgehen im Interview. Er sagte: "Man kann aus sämtlichen Auswertungen Rückschlüsse ziehen, die helfen können, das Angebot zu verbessern. Das ist Teil der Aktivität, die Uber machen muss und wird." Gelöscht werden die Nutzerdaten Nestmann zufolge nur, wenn ein Nutzer Uber dazu explizit auffordert. Die Sammlung der Nutzerdaten ist dem Uber-Deutschlandchef zufolge "Teil des Konzeptes" des Fahrtenvermittlers, in den die Risikokapitalabteilung von Google eine Viertelmilliarde US-Dollar investiert hat.

Digitalexperte Sascha Lobo sieht dagegen in der Auswertung einen Missbrauch der Nutzerdaten durch Uber. Im Gespräch ARD-Panorama und der "Berliner Zeitung" sagte Lobo, es sei eine neue Qualität, dass ein Taxiunternehmen sehr präzise sagen könne, ob und wie und wann man einen One-Night-Stand habe. Neu sei, dass nicht mehr nur der Fahrer irgendetwas mitbekommt, sondern Personen aus der Zentrale, mit denen man vorher nie in Kontakt gekommen sei. Lobo sagte: "Es ist dringend überfällig eine Diskussion darum zu führen, was sich alles mit diesen Daten anstellen lässt." Hinter der Auswertung der Daten steht das Ziel die Vorhersage-Algorithmen zum Einsatz der Uber-Fahrer zu optimieren. Nestmann sagte, Uber könne eine maximale Auslastung der Fahrer nur erreichen, wenn der Dienst die Nachfrage möglichst genau vorhersagen kann.

Prognostiziert Uber, dass Personen mit hoher Wahrscheinlichkeit einen One-Night-Stand haben, so könnte dies in die Prognose mit einfließen, wo besonders viele Fahrten benötigt werden. Aus diesem Grund versuchte Uber auch herauszubekommen, in welchen Gebieten besonders viel Prostitution herrscht. Dazu analysierte der Konzern Verbrechensstatistiken, wie Uber in einem inzwischen ebenfalls gelöschten weiteren Blog-Beitrag beschrieb. In Gegenden, in denen besonders viel Prostitution vorkomme, werden nämlich überproportional viele Uber-Fahrten gebucht.

Um die Vorhersage zu optimieren, versucht Uber nicht nur zu analysieren, wohin sich Personen mit Uber kutschieren lassen, sondern auch, was sie vorhaben. In einem weiteren Blogpost wird ausgeführt: "Wir benötigen Informationen darüber, was das eigentliche Ziel der Menschen ist und nicht nur über den Ort, den Personen angeben, an dem sie abgesetzt werden möchten." Ubers Datenabteilung habe daher daran gearbeitet, welches Essen Uber-Passagiere bevorzugten und in welchen Hotels sie abstiegen. Nach eigenen Angaben erfolgreich: Der Konzern teilt mit, man habe ein Modell entwickelt, das in einem Test in 74 Prozent der Fälle das endgültige Ziel einer Person korrekt vorhersagen konnte.

Uber wolle niemanden "in Misskredit bringen", so Unternehmenssprecher Nestmann. Uber-Deutschlandchef Nestmann verweist darauf, dass solche Auswertungen mit aggregierten, anonymisierten Daten durchgeführt würden. Allerdings hat es wiederholt Fälle gegeben, in denen Uber-Mitarbeiter die Daten nutzen, um das Bewegungsmuster bestimmter Personen zu analysieren. Möglich macht dies ein internes Analysewerkzeug mit dem Namen "God View", übersetzt etwa "Blick Gottes".

So berichtet der Investor Peter Sims, dass er während einer Fahrt mit Uber in New York City plötzlich eine SMS von einer fernen Bekannten bekam, in der sie ihm schrieb, welche Straße er gerade passiert hatte. Uber hatte bei der Party des Konzerns zur Einführung des Dienstes in Chicago kurzerhand einen Bildschirm installiert, auf dem die Uber-Fahrten bekannter Persönlichkeiten live mitverfolgt werden konnten.

Hinsichtlich der künftigen Analyse der Nutzerdaten verspricht Nestmann: "Natürlich wird sich Uber darauf konzentrieren, die sinnvollen Auswertungen zu machen."

Die Recherche ist gemeinsam mit Jonas Rest von der Berliner Zeitung entstanden. Das Interview mit Uber-Chef Nestmann führte Jasmin Klofta.

Die Recherche in der Presse (Auswahl)
Spiegel Online: Uber analysiert One-Night-Stands seiner Nutzer
FAZ: Warum analysiert Uber One-Night-Stands?
Die Welt: Uber veröffentlicht One-Night-Stand-Karten
Der Tagesspiegel: Mit Uber zum One-Night-Stand
Huffingtonpost: Uber analysiert One-Night-Stands seiner Nutzer
Computerbild: Uber erkennt One-Night-Stands seiner Nutzer
heise: Uber analysiert Fahrverhalten seiner Kunden nach One-Night-Stands



Schöne, neue Welt. Der Preis des Teilens

ENGLISH SUMMARY: BRAVE NEW WORLD: THE PRICE OF SHARING - The Share Economy wants to create a better, more effective world. The ever scarcer resources shall not be wasted senseless. People should have access to things via the Internet without having to own them: ‘sharing is caring’ is a popular slogan in the industry. The new founders, endowed with billions of dollars, are self-confidently demanding changes to  - in their view – old-fashioned laws, and ultimately the abolition of what they see as the demoralized world of democracy. A new time has started and it abides by new rules. Rules that are to be createdby investors and bosses of the sharing companies. But what is the Share Economy? Which worldview characterizes the billionaire corporateleaders, but also the users of the brave new world of sharing? What visions do you have? And how do we want to live? Reporters Jasmin Klofta and Tina Soliman ask these questions in interviews with AirBnB founder Joe Gebbia, billionaire and Silicon Valley investor Peter Thiel, star economist Jeremy Rifkin, Federal Minister of Economics Sigmar Gabriel, computer scientist Jaron Lanier, data analyst Ivonne Hofstetter, and blogger Sascha Lobo. In the 30 Min. documentary, the reporters also accompany people in Germany and in the United States who earn their living at companies like Uber, AirbnB, or Task Rabbit.




Die Share Economy will eine bessere, eine effektivere Welt schaffen. Die immer knapper werdenden Ressourcen sollen nicht sinnlos verschwendet werden. Menschen sollen via Internet gleichermaßen Zugang zu Dingen haben, ohne sie besitzen zu müssen: Sharing is caring, lautet ein beliebter Slogan der Branche. Doch was ist die Share Economy? Welches Weltbild prägt die milliardenschweren Konzernlenker, aber auch die Nutzer der schönen neuen Welt des Teilens? Welche Visionen haben sie? Und wie wollen wir leben?

Selbstbewusst fordern die neuen Gründer - ausgestattet mit Milliarden von Dollars - die Änderung von aus ihrer Sicht vorsintflutlichen Gesetzen und letztendlich die Abschaffung der in ihren Augen zerschlissenen Demokratie. Eine neue Zeit habe begonnen und diese funktioniere nach neuen Regeln. Regeln, die offenbar von Investoren und Bossen der Sharing-Unternehmen gemacht werden sollen. Voraussetzung für den Zugang zur schönen neuen Welt sind allerdings Besitz und Zahlungsfähigkeit: Nur wer eine Wohnung oder ein Auto hat, kann auch teilen, nur wer Dienstleistungen kostenpflichtig in Anspruch nehmen kann, kann die Angebote auch nutzen. Der Markt wird größer, der Verdrängungswettbewerb aggressiver.

Datenanalystin Yvonne Hofstätter hat selbst viele Jahre im Silicon Valley gearbeitet und verurteilt kreative Zerstörung nicht per se. Sie betrachtet die Share Economy als disruptive Kraft, als zerreißend, im fortschrittlichen Sinne als zerstörerisch, denn Neues brauche Platz. Doch die Datenanalystin sieht auch die Gefahr des Verlustes der Privatsphäre: "Unsere Daten werden ausgewertet, und schließlich werden Korrelationen hergestellt", so Hofstätter. Vom Bewegungsprofil bis hin zur Interpretation unserer Verhaltensweisen und Vorlieben sei alles lesbar.

Doch die totale Transparenz und damit das Verschwinden des Privaten ist für den amerikanischen Ökonomen Jeremy Rifkin kein Alptraum, sondern sogar erstrebenswert. Auch sei die Offenheit geradezu angelegt in der Natur des Menschen: "Menschen haben lange Zeit gemeinsam in großen Räumen geschlafen und sich aneinander geschmiegt - wie alle anderen Säugetiere auch. Wir haben die längste Zeit unserer Geschichte als soziale Wesen gelebt."

Diese Sicht der Technikwelt ist vom Glauben an das Gute geprägt. Doch die Tatsache, dass Daten verkauft und miteinander verknüpft werden, lassen Internetkritiker wie Evgeny Morozov die Entwicklung kritisch betrachten. Er befürchtet, dass der wahre Angriff der Share Economy nicht im Abhören intimer Geheimnisse besteht, sondern darin, dass wir gar keine Zeit mehr haben werden, welche zu haben.

ARD, Panorama
Schöne, neue Welt. Der Preis des Teilens
08. Januar 2015, 21:45 Uhr
30 Min.
Autoren: Jasmin Klofta, Tina Soliman
Kamera: Torsten Lapp
Schnitt: Wolf Krannich



Die Gefahr liege beim unkontrollierten Nutzungsmonopol durch die Datenbesitzer, einer kleinen Geld-Elite, die nicht den besten Ruf genießt, wie Digitalexperte Sascha Lobo meint: "Das Silicon Valley hat ein Arschlochproblem, denn viel von der disruptiven Kraft, die die Gesellschaft voran bringen könnte, wird von solchen Unternehmen ins Aggressive, ins Bösartige, ins Destruktive gewendet", so Lobo. Vizekanzler Sigmar Gabriel spricht gar von einem "ganz erzkapitalistischen Modell, bei dem nichts anderes passiert, als dass der Mensch bis in seine letzte Regung verwertbar gemacht wird".

Der deutsche Investor Peter Thiel meint hingegen pragmatisch, dass Politiker sowieso nicht mehr allzu viel auszurichten hätten: "Natürlich denken die Politiker, dass das, was sie tun, wichtig ist, und dass die Politik alle wichtigen Fragen der Gesellschaft entscheidet. Ich bin eher der Meinung, dass die Politik eigentlich nicht mehr sehr viel leistet und viel mehr von der Technologie kommen wird. Wir bauen eine bessere Welt, viel mehr durch die Technologie als durch die Politik", so formuliert Thiel das Heilsversprechen der digitalen Welt.

Der preisgekrönte Informatiker und Mathematiker Jaron Lanier - er hat den Begriff der "Virtuellen Realität" erfunden - warnt bereits vor einem technologiegetriebenen Turbokapitalismus: Dieser sei das Gegenteil von Freiheit. Statt der Rückkehr wahrhaftiger Gemeinnützigkeit drohe ihr Ende. Sharing is caring? Lanier spricht von einer "Fake Economy" - einer Schwindelindustrie - die von Gemeinschaft und altruistischer Hilfe rede, in Wirklichkeit aber auf der gnadenlosen Verwertung von Effizienzpotentialen beruhe.

Im Interview u.a. Star-Ökonom Jeremy Rifkin, Milliardär und Silicon Valley Investor Peter Thiel, Informatiker Jaron Lanier, AirBnb-Gründer Joe Gebbia, Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, Datenanalystin Ivonne Hofstetter, Blogger Sascha Lobo


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Die Debatte #fakeeconomy
Pro: So werden wir leben! Von Andrej Reisin
Contra: Wollen wir so leben?
Von Jasmin Klofta

"Privatheit wird zur Ware" - Evgeny Morozov, Publizist und profilierter Kritiker des Silicon Valley im Gespräch.   

"Das Silicon Valley hat ein Arschlochproblem" - Sascha Lobo spricht über die Rücksichtslosigkeit der Share Economy.